Sie essen dreimal mehr Salz als Sie denken, der Grund versteckt sich auf jeder Bohnen-Dose im Regal

Wer im Supermarkt zu Dosenbohnen greift, verlässt sich meist auf die Nährwerttabelle auf der Verpackung. Schließlich möchten viele Verbraucher wissen, wie viele Kalorien, wie viel Zucker oder Salz sie mit einer Mahlzeit zu sich nehmen. Doch was auf den ersten Blick transparent wirkt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als geschicktes Täuschungsmanöver: Viele Hersteller arbeiten mit Portionsgrößen, die mit der Realität wenig zu tun haben – und lassen ihre Produkte dadurch deutlich gesünder erscheinen, als sie tatsächlich sind.

Das Spiel mit den Miniportionen

Eine typische Dose enthält zwischen 400 und 500 Gramm Bohnen inklusive Aufgussflüssigkeit. In der Praxis entspricht das etwa zwei bis drei Portionen, je nachdem, ob die Bohnen als Beilage oder Hauptbestandteil einer Mahlzeit dienen. Die Nährwerttabellen auf den Dosen beziehen sich jedoch häufig auf 100 Gramm oder auf Portionen von 125 bis 150 Gramm. Wer isst schon nur 125 Gramm Bohnen, wenn die halbe Dose bereits geöffnet ist und verarbeitet werden muss?

Diese Rechnung hat System: Bei einer angegebenen Portion von 125 Gramm erscheint der Salzgehalt mit vielleicht 0,4 Gramm pro Portion moderat. Tatsächlich nimmt man beim Verzehr einer realistischen Menge – etwa der Hälfte einer Standarddose – aber schnell das Doppelte oder Dreifache zu sich. Aus den scheinbar harmlosen 0,4 Gramm werden plötzlich 0,9 Gramm Salz oder mehr. Das Problem kennen Ernährungsexperten schon lange: Portionsgrößen sind unrealistisch klein und verzerren die Wahrnehmung erheblich.

Warum gerade Bohnen im Fokus stehen

Bohnen genießen zu Recht einen gesunden Ruf: Sie liefern pflanzliches Eiweiß, Ballaststoffe und wichtige Mineralstoffe wie Magnesium und Eisen. Gerade Menschen, die sich bewusst ernähren oder ihren Fleischkonsum reduzieren möchten, greifen häufig zu diesem Produkt. Die Hersteller wissen das – und nutzen das positive Image geschickt aus. Denn wenn Verbraucher ein Produkt grundsätzlich für gesund halten, schauen sie bei den Nährwerten oft weniger kritisch hin.

Tatsächlich enthalten 100 Gramm Dosenbohnen etwa 15 Prozent des täglichen Eiweißbedarfs eines Erwachsenen und zwischen sechs und neun Gramm Ballaststoffe. Diese Werte sind beachtlich und machen Bohnen zu einem wertvollen Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Doch der Teufel steckt im Detail: Dosenbohnen schwimmen in einer Salzlake, die für die Konservierung notwendig ist. Je nach Zubereitungsart und Rezeptur können zudem Zucker, Gewürze oder andere Zusatzstoffe enthalten sein.

Untersuchungen zeigen, dass bei manchen Produkten bis zu sechs Gramm Zucker pro halber Dose enthalten sein können. Auch Zusatzstoffe wie Calciumchlorid und modifizierte Stärke finden sich in einigen Produkten. Die eigentlich gesunden Hülsenfrüchte werden dadurch zu einem Produkt mit erheblichen Mengen an Natrium – sofern man die realistische Verzehrmenge betrachtet und nicht die geschönten Angaben auf der Verpackung.

Die Psychologie hinter den Zahlen

Die unrealistischen Portionsangaben funktionieren aus einem einfachen Grund: Die wenigsten Verbraucher rechnen nach. Wer im Supermarkt vor dem Regal steht und verschiedene Dosen vergleicht, orientiert sich an den prominent platzierten Zahlen auf der Vorderseite oder in der Nährwerttabelle. Ein niedriger Wert suggeriert Gesundheit und wird positiv bewertet – unabhängig davon, auf welche Menge sich dieser Wert bezieht.

Hinzu kommt: Selbst wer die Portionsgröße bemerkt, unterschätzt oft die tatsächlich verzehrte Menge. Psychologische Studien zeigen, dass Menschen dazu neigen, Portionsgrößen zu klein einzuschätzen, besonders bei Lebensmitteln, die als gesund gelten. Eine Dose ist schnell geleert, besonders wenn sie für ein Familienessen verwendet wird oder die Bohnen in einem Eintopf landen. Genau diese Diskrepanz zwischen angegebener und tatsächlicher Portion macht das System so problematisch.

Was die Rechtslage erlaubt

Tatsächlich bewegen sich die Hersteller in einem rechtlichen Graubereich. Die Lebensmittelinformationsverordnung schreibt vor, dass Nährwertangaben pro 100 Gramm oder 100 Milliliter erfolgen müssen – zusätzliche Angaben pro Portion sind freiwillig. Genau hier liegt das Problem: Wenn zusätzliche Portionsangaben gemacht werden, gibt es keine verbindliche Definition, wie groß eine Portion sein muss. Jeder Hersteller kann seine eigenen Maßstäbe anlegen.

Die Folge ist ein Wildwuchs an unterschiedlichen Portionsgrößen, der einen sinnvollen Vergleich zwischen Produkten nahezu unmöglich macht. Während eine Dose mit 125-Gramm-Portionen arbeitet, gibt die nächste 150 Gramm an, und eine dritte verzichtet ganz auf Portionsangaben. Für Verbraucher wird das Einkaufen damit zur mathematischen Herausforderung, die im hektischen Supermarktalltag kaum zu bewältigen ist.

Wie Sie sich nicht täuschen lassen

Der beste Schutz vor irreführenden Angaben ist Aufmerksamkeit und ein gesundes Misstrauen. Wer die Tricks der Hersteller kennt, kann bewusstere Entscheidungen treffen und vermeidet böse Überraschunen beim Blick auf Salz- und Zuckergehalt. Besonders wichtig ist dabei, sich nicht von den Portionsangaben blenden zu lassen, sondern die standardisierten 100-Gramm-Werte zu vergleichen. Diese ermöglichen einen fairen Vergleich zwischen verschiedenen Produkten und Herstellern.

Ebenso entscheidend ist es, den Gesamtinhalt der Verpackung zu berücksichtigen. Rechnen Sie aus, wie viele realistische Portionen tatsächlich in der Dose stecken, und multiplizieren Sie die Nährwerte entsprechend. Bei Bohnen in Aufgussflüssigkeit ist zudem das Abtropfgewicht entscheidend – häufig macht die Lake einen erheblichen Teil des Gesamtgewichts aus. Gerade bei Zucker und Salz sollten Sie kritisch bleiben, denn diese beiden Werte werden durch kleine Portionsangaben besonders stark geschönt.

Alternative Perspektiven und mögliche Lösungen

Interessanterweise zeigt sich das Problem der Portionsgrößen nicht nur bei Bohnen, sondern zieht sich durch zahlreiche Produktkategorien. Von Frühstückscerealien über Fertiggerichte bis zu Snacks – überall wird mit unrealistisch kleinen Mengenangaben gearbeitet. Bei Bohnen ist die Diskrepanz allerdings besonders frappierend, weil es sich um ein Grundnahrungsmittel handelt, das in größeren Mengen verzehrt wird und das viele Menschen als unkomplizierte Eiweißquelle in ihren Speiseplan integrieren.

Manche Experten fordern deshalb eine Reform der Kennzeichnungsvorschriften. Denkbar wären standardisierte Portionsgrößen für bestimmte Produktgruppen oder die Verpflichtung, neben der 100-Gramm-Angabe auch Nährwerte für den gesamten Verpackungsinhalt auszuweisen. Solche Regelungen existieren in anderen Ländern bereits teilweise und könnten auch hierzulande für mehr Transparenz sorgen. Bis dahin bleibt Verbrauchern nur der kritische Blick und das Nachrechnen.

Praktische Tipps für den Alltag

Wer regelmäßig zu Dosenbohnen greift, muss nicht verzweifeln. Mit ein paar einfachen Kniffen lässt sich das Produkt gesünder gestalten und die Nährstoffbilanz verbessern. Wer die Bohnen nach dem Öffnen gründlich unter fließendem Wasser abspült, reduziert den Salzgehalt merklich. Dieser simple Trick kann den Natriumgehalt um bis zu 40 Prozent senken und macht aus einem salzlastigen Produkt eine deutlich bekömmlichere Alternative.

Außerdem lohnt es sich, verschiedene Varianten zu vergleichen. Die Produkte unterscheiden sich erheblich in ihrem Salzgehalt und bei den zugesetzten Zutaten. Manche Hersteller verzichten vollständig auf Zucker und verwenden weniger Salz – hier lohnt der genaue Blick auf die Zutatenliste. Definieren Sie zudem Ihre eigenen Portionen: Überlegen Sie vor dem Kochen, wie viele Personen Sie bewirten, und teilen Sie den Doseninhalt entsprechend auf – so behalten Sie die Kontrolle über die tatsächlich verzehrten Mengen und vermeiden ungewollte Nährstoffüberschüsse.

Die Irreführung durch unrealistische Portionsgrößen ist ein systematisches Problem, das Verbraucher benachteiligt und informierte Kaufentscheidungen erschwert. Gerade bei scheinbar einfachen Produkten wie Bohnen in der Dose zeigt sich, wie wichtig kritisches Hinterfragen ist. Die Hersteller nutzen die Unwissenheit vieler Käufer geschickt aus und präsentieren ihre Produkte gesünder, als sie bei realistischem Verzehr tatsächlich sind. Wer die Tricks durchschaut und beim Einkauf genau hinschaut, kann sich vor unerwünschten Überraschungen schützen und bewusstere Entscheidungen für die eigene Gesundheit treffen.

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